Dienstag, 8. September 2009

Beschaeftigungstherapie

Halloechen,


ich hatte ja von Anfang an das Gefuehl, dass unsere Arbeitskraft hier nicht wirklich noetig ist, aber das hat sich heute noch gesteigert. Am Mittag habe ich mal wieder Putzdienst gehabt, das war okay. Am Abend hatte ich aber zum ersten mal "J" (ja, die Dienste haben alle einen Buchstaben als Kuerzel) und ich wusste nicht, was da auf mich zukommt.

Ich bin also um 16 Uhr brav in das Buero gegangen und habe gesagt, dass ich J machen sollen. Daraufhin wurde ich an eine freundliche junge Dame verwiesen, die direkt auf einen Plan schaute, bevor sie mir jedoch sagen konnte, was ich machen sollte, musste sie raus an die Rezeption, weil ein Gast eine Frage hatte, die wohl nur sie beantworten konnte. Ich stand also dumm rum, man bot mir einen Stuhl an, den ich hoeflich ablehnte, man bot ihn mir wieder an und als die dritte Person mir einen Stuhl anbot, setzte ich mich schliesslich. Im Zweiminutenabstand hoerte ich "chotto matte", "warte bitte kurz", die Zeit verstrich und gegen viertel nach vier kam dann der junge, suess aussehende Mann von der Rezeption zu mir, zueckte zwei Schluessel und fuehrte mich in die winzige Kueche des Bueros, wo er zwei Handtuecher rausholte. Etwas ratlos schauend meinte er erneut "chotto matte" und steckte den Kopf raus zur Rezeption. Der jungen Dame fiel da wohl wieder ein, dass ich warte, sie kam also rasch zurueck, um mich an eine andere junge Dame zu verweisen, die mir dann zwei duenne Stapel mit Ueberweisungsformularen in die Hand drueckte und einen Stempel samt Stempelkissen - ich sollte also den Namensstempel des Hostels auf die Ueberweisungen stempeln. Sehr sinnvolle Aufgabe, wirklich. Ich bekam einen Keks und ein Eis, waehrend ich das machte, aber laenger als bis fuenf Uhr konnte ich mich damit beim besten Willen einfach nicht beschaeftigen. Als ich also fertig war, mussten sie eine neue Bescheaftigung suchen - ich durfte Altpapier mit Band zusammenknoten. Da das aber wohl gerade jemand erst gemacht hatte, wurden das nur drei Packen und ich brauchte auch nur eine viertel Stunde, obwohl ich mich wirklich bemueht habe, lange zu brauchen. Erneut war ich also unbeschaeftigt, erneut vergingen einige Minuten, bis man etwas fuer mich gefunden hatte: Ich durfte die Bettlaken, Bettbezuege und Kopfbezuege zusammenfuegen, sodass immer ein Pack aus Bettlaken, Bettbezug und Kissenbezug entstand. Eine BEsonderheit der Bettbezuege hier im Hostel: Das sind einfache Laken, die man unter die Bettdecke packt, man stopft sie also nicht in einen Bezug, sondern legt sie auf ein Laken drauf. Nicht sehr sinnig, denn z.B. heute Morgen wachte ich auf und stellte fest, dass ich nur noch die blosse Bettdecke ueber mir hatte, das Laken darunter hatte ich weggestrampelt. Naja ... zurueck zu meiner Aufgabe. Ich gab mir also groesste Muehe, viel Zeit damit zu verbringen, ich habe es huebsch gefaltet, ich habe es wirklich ordentlich gemacht und es waere auch noch mehr Material dagewesen (es gab wirklich viiiiel zu falten), aber es gab leider bald keinen Platz mehr, wo ich es haette hintun koennen. Gegen sechs Uhr war ich also erneut fertig, meine naechste Aufgabe war dann sogar sehr rasch gefunden, ich sollte Toilettenhandtuecher falten. Auch dafuer habe ich mir sehr viel Muehe gegeben, ich habe jedes Tuch viermal glatt gestrichen, es dann aeusserts sorgfaeltig gefaltet und erneut zweimal glatt gestrichen, bevor ich es zur Seite legte. Alles nach einem ganz festen Schema. Doch auch das konnte mich nicht lange beschaeftigen, um zehn vor sieben war ich fertig - bis sieben ging meine Schicht. Ich begab mich also zurueck ins Buero, wo der junge, suess aussehende Mann von der Rezeption mich bemerkte und meinte "mou chotto jikan ga aru ne ..." was so viel heisst wie "Es ist noch etwas Zeit uebrig" und ich meinte nur "haaai, ato ju pun", "Ja, noch zehn Minuten". Wir grinsten uns an und er ging, um sich zu erkundigen, was ich noch machen sollte. Nachdem fuenf Minuten verstrichen waren, kam er zurueck und meinte "Okay desu", "es ist okay", ich durfte also tatsaechlich fuenf Minuten vor Ende der Schicht gehen ...

Fuer mich sieht das nach Beschaeftigungstherapie aus, aber ihr duerft da gerne anderer Meinung sein.

Abends habe ich dann zwei weitere Deutsche getroffen, die eine ist Doktor und "Townsend Lecturer in Greek, Latin and Sanskrit" and der Cornell University (NY) ... das hat mich schon sehr beeindruckt. Ausserdem war da noch ein sehr netter Australier, mit dem ich mich bis ein Uhr nachts unterhalten habe. Er ist 29 Jahre alt und spricht ein sehr australisches Englisch, ich hatte echt manchmal Verstaendnisprobleme. Wir haben ueber alles moegliche geredet, vor allem aber ueber die Japaner und ihre Eigenheiten. Fuer eine kurze Zeit war auch eine Chinesin dabei und ich habe erfreut festgestellt, dass auch Chinesen Probleme mit der japanischen Kultur und Hoeflichkeit haben. Und alle Auslaender finden anscheinend die Zaehne von Japanern schrecklich ... ich habe ja gehoert, dass die schiefen (wirklich schiefen!!) Zaehne bei Japanerinnen zu dem "kawaii"-Image gehoeren, weil ja kleine Kinder auch schlechte Zaehne haben und es daher suess und kindlich ist ... so, wie man als Japanerin eben sein will. Unvorstellbar fuer mich!

Heute habe ich Spaetschicht, d.h. nachmittags putzen und abends Abendessen machen. Juliane hat frei, sie faehrt mit Kanako und Akira nach Osaka *neid*

Heute kamen auch die Klausurergebnisse fuer Methoden der Sozialwissenschaften 2 raus, ich habe eine 3.0, was einen regelrechten Lachkrampf in mir ausgeloest hat. Die Klausur war ein Witz gewesen, es gab zwei Fragen und zwar zu Themen, die man aus dem Gesamtkomplex der Vorlesung einfach fuer unwichtig gehalten hat und daher nicht gelernt hat - das ging den meisten so (ausser jenen, die den letzten Literaturhinweis unserer Uebungs-Dozentin als Geheimtipp fuer die Klausur interpretiert hatten und nicht als weitere Schikanisierung ..). Ich habe also in der Klausur (die 90 Minuten ging) zu beiden Fragen jeweils eine halbe Seite zusammengesponnen, weil ich echt einfach nichts wusste. Dass da eine 3.0 bei rausgekommen ist, kann nur bedeuten, dass sehr milde bewertet wurde. Haette ich doch nur den Literaturhinweis bemerkt - aber ich hab natuerlich vorher nicht ins StudIP geschaut ...
Bleibt noch die Note fuer die Projektarbeit, welche fuer unsere Uebung noch bis Ende September auf sich warten lassen wird. Bei anderen Uebungen ist sie schon raus, da lag sie meist zwischen 1 und 2, ich hoffe also, dass das bei meienr Gruppe ebenfalls der Fall sein wird, denn die Projektarbeit wird doppelt gewichtet, wenn ich das richtig verstanden habe. Eine Gesamtnote von 2.0 oder 2.3 waere also unter Umstaenden noch drin - das ist wichtig fuer meinen Schnitt, da ich eine 2.5 brauche, um in Tuebingen genommen zu werden (oder an irgendeiner anderen Uni, die akzeptable Master anbieten).

So, ich gehe nun essen.

Julia

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