Montag, 14. März 2011

Japan

Es ist das Thema, was derzeit die Medien beherrscht. Kaum ein Gespräch, das ich seit Freitag geführt habe, verging, ohne dass zwischendurch auch über Japan gesprochen wurde. Ein Erdbeben und ein Tsunami zusammen sind schlimm, doch gäbe es die Atomkraftwerke in Fukushima und Umgebung nicht, wäre die weltweite Aufmerksamkeit vermutlich geringer. Durch die Gefahr der radioaktiven Versuchung wird aus einem Unglück in großer Entfernung plötzlich ein Unwohlsein, das man ganz real und am eigenen Leib empfindet. Auch hier in Deutschland bin ich bereits Menschen begegnet, die ihre Hausapotheke vorsorglich um Jod aufstocken wollen.

Ich selbst komme auch nicht drum herum, mich mit Japan zu beschäftigen. Als Studentin der Japanologie habe ich deutsche und japanische Freunde in diesem Land und auch ohne Atomkraftwerk-Unfall haben mich die ersten Bilder, die am Freitag um die Welt gingen, bereits geschockt. Soweit ich weiß sind meine nahen Freunde außer Gefahr, aber die Auswirkungen werden noch in Wochen zu spüren sein - nicht nur die geografische Lage des Landes hat sich verändert. Ich bete darum, dass keine wirklich große radioaktive Verseuchung auftritt, egal ob in einem Radius von 1 oder 100 Kilometern.

Doch was daneben in den Medien - vor allem bei Facebook und Twitter - geschieht, ist einfach unfassbar. Einer der Trends, d.h. eines der meistgetwitterten Wörter ist derzeit "prayforjapan". Ich kann dies nur unterstützen, doch wenn ich sehe, dass eine lange Zeit der Tweet mit den meisten Retweets eine Nachricht über den Erfindern von Pokemon, der angeblich in der Naturkatastrophe umkam, war, wird mir übel. Diese Nachricht ist erfunden. Irgendein Mensch irgendwo auf der Welt fand es anscheinend lustig, durch die Todesnachricht einer Berühmtheit bei Twitter Aufsehen zu erregen. Das ist geschmacklos und allen Opfern gegenüber dreist.

Darüberhinaus hat natürlich die Politik hierzulande gezwungenermaßen die Atomdiskussion wieder aufgenommen. Notgedrungen verkündet die derzeitige Regierung, man werde den Ausstieg aus der Atomkraft nochmal überprüfen. Auch wenn ich mir schon lange vorher einen kritischeren Umgang dieser Parteien mit AKWs gewünscht hätte, so ist das doch die einzig richtige Schlussfolgerung aus den Geschehnissen. Ich sehe nichts Verwerfliches darin, die Katastrophe als Wecker für sich selbst zu sehen und entgegen voriger Ansichten alles noch mal zu überprüfen. Wieso müssen Parteimitglieder der FDP nun ihrer Partei und dem Koalitionspartner genau dieses Nachdenken vorwerfen? Wieso hat man den Eindruck, dass die Oppositionsparteien, die zuvor den Ausstieg beschlossen hatten, sich nun freuen, dass der politische Gegner leidet? Freude dürfen sie gerne zum Ausdruck bringen - darüber, dass ihre eigenen Ziele endlich auch von anderen erhört werden. So sehr man um eine Politisierung dieses Themas nicht drum herum kommt, so sehr sollte man sich doch bemühen, bei all dem die menschlichen Aspekte nicht zu vergessen. Nicht zu vergessen, dass gerade jetzt in diesem Augenblick zigtausend Menschen leiden. Häme, Spott und innerparteiliche Anschuldigungen sind zum jetzigen Zeitpunkt einfach unangebracht.

Gedenkt der Opfer, helft Japan und überlegt euch, wie es in Deutschland weiter gehen sollt. Vergesst doch bitte zumindest für diesen Augenblick jedes parteipolitische Kalkül!

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